Jahrestagung des KIT 2012

Lebhafte Diskussionen bei der Jahrestagung des KIT-Zentrums Energie

Den Tagungsband der Jahrestagung 2012 erhalten Sie hier als Pdf-Datei.

Die Energiewende in Deutschland hat Befürworter und auch Gegner, die hohe Kosten und unzureichende Versorgungssicherheit befürchten „Diese Polarisierung bringt uns nicht weiter“, sagte KIT-Präsident Professor Eberhard Umbach nun bei der ersten Jahrestagung des KIT-Zentrums Energie. Vielmehr gelte es, alle Optionen zu explorieren, um den im Energiekonzept der Bundesregierung festgelegten Zielvorgaben möglichst nahe zu kommen, erklärte Umbach. Neben den größten technischen Herausforderungen wie höhere Energieeffizienz, leistungsfähige Energiespeicher und neue Netzstrukturen erwähnte der KIT-Präsident auch die mit der Energiewende verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen. „Die Menschen spielen eine große Rolle.“ Dazu komme, dass die verschiedenen europäischen Länder unterschiedliche Energiekonzepte verfolgten, die es zu vereinbaren gelte: „Deutschland ist keine Insel.“ Umbach rief dazu auf, am KIT verstärkt Spitzenergebnisse zu erzeugen. Qualität sei das oberste Kriterium.

Um die „Chancen der Energiewende“ zu erörtern, hatte das KIT-Zentrum Energie zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KIT sowie ausgewählte externe Experten eingeladen. Die Tagung mit begleitender Posterausstellung am KIT-Campus Nord stieß auf lebhaftes Interesse. Einen Überblick über die aktuellen Aktivitäten des KIT-Zentrums Energie und der KIT School of Energy sowie der vom KIT koordinierten europäischen Knowledge and Innovation Community (KIC) InnoEnergy gab der KIT-Vizepräsident für Forschung und Innovation, Dr. Peter Fritz. Das 2008 gegründete KIT-Zentrum Energie hat derzeit 1 252 Mitarbeiter. Seine Arbeit gliedert sich in sieben Topics: Energieumwandlung, Erneuerbare Energien, Energiespeicherung und -verteilung, Effiziente Energienutzung, Fusionstechnologie, Kernenergie und Sicherheit sowie Energiesystemanalyse.

Das vom Geschäftsführer des KIT-Zentrums Energie, Dr. Wolfgang Breh, moderierte Programm mit Vorträgen von KIT-Wissenschaftlern erstreckte sich über sämtliche Topics. Professor Henning Bockhorn (Vortrag Prof. Bockhorn) wies darauf hin, dass der angestrebte Ausbau der erneuerbaren Energien im Wesentlichen strombasiert sei. Die Entwicklung zur strombasierten Energieversorgung werde gravierende Strukturveränderungen erfordern und damit auch Änderungen der Preisstruktur mit sich bringen. Neue Speicherkapazitäten ließen sich durch die Nutzung des Erdgasnetzes als Stromspeicher erschließen. – Dr. Armin Velji (Vortrag Dr. Velji) beantwortete die Frage nach dem Fahrzeugantrieb der Zukunft dahingehend, dass der Verbrennungsmotor noch längere Zeit dominieren werde, und befürwortete den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen aus Bio-Reststoffen. – Dr. Karl-Friedrich Ziegahn (Vortrag Dr. Ziegahn), der auch Aufsichtsratsvorsitzender von KIC InnoEnergy ist, erörterte Chancen und Risiken der erneuerbaren Energien und sprach sich für fokussierte Forschung in der Tiefe aus. Die Arbeiten am KIT befassen sich mit besonders mit Biomasse, Geothermie, Windenergie, Wasserkraft, Photovoltaik und konzentrierender Solarthermie. Die Möglichkeiten der organischen Photovoltaik, die sich durch große Anwendungs- und Gestaltungsvielfalt auszeichnet, stellte Dr. Alexander Colsmann vor. Thomas Mohringer sprach über die Optimierung von Ein- und Auslaufbauwerken an Pumpspeicherkraftwerken.

Im Rahmen der Energiewende werden die Integration fluktuierender Energiequellen wie Sonne und Wind, die zunehmende dezentrale Energiebereitstellung sowie die Elektromobilität neue Anforderungen an das elektrische Energienetz stellen. Verschiedene Lösungsansätze erörterte Professor Thomas Leibfried (Vortrag Prof. Leibfried). Matthias Kahl (Vortrag Hr. Kahl) sprach über Zustandsschätzung und Regelung in einem intelligenten Energieübertragungsnetz. Maßnahmen, die Energieeffizienz in Wohngebäuden sowie im Nichtwohnungsbau zu erhöhen, erläuterte Professor Andreas Wagner (Vortrag Prof. Wagner). Kahl. Der Gebäudesektor weist ein hohes Potenzial zur Energieeinsparung und CO2-Emissionsreduktion auf. Um energieeffiziente Prozesse in der chemischen Industrie ging es in einem Vortrag von Dr. Peter Pfeifer (Vortrag Dr. Pfeifer); Entwicklungspotenziale bei thermisch angetriebenen Wärmepumpen stellte Dr. Ferdinand Schmidt (Vortrag Dr. Schmidt) vor.

Dass die Fusion als saubere, sichere und fast unerschöpfliche Energiequelle die Ziele der Energiewende unterstützt, auch wenn es noch Jahrzehnte dauern wird, bis ein Fusionskraftwerk wirtschaftlich Strom bereitstellen kann, legte Dr. Klaus Hesch dar. Das KIT entwickelt Schlüsseltechnologien für die Fusion, unter anderem auch für den internationalen Experimentalreaktor ITER. Über dessen Brennstoffkreislauf sprach Dr. Robert Michling. – Der Einstieg in die Energiewende bedeutet keineswegs den Ausstieg aus der nuklearen Sicherheitsforschung, wie Professor Horst Geckeis erklärte. Daher gelte es, die Kompetenzen auf den Gebieten Endlagerung, Sicherheit der Reaktoren, Strahlenschutz und Rückbau zu erhalten. Markus Schlenker, Stephan Gabriel (Vortrag Hr. Gabriel), Simon Taufall und David Fellhauer (Vortrag Hr. Fellhauer) stellten dazu aktuelle Projekte vor. Einen Überblick über die Energiesystemanalyse, die als Querschnittsbereich Themen aus allen anderen Topics aufgreift, gab Professor Wolf Fichtner. Ein Thema sind die Perspektiven der Biomasse im Mobilitätssektor, die Oliver Hurtig (Vortrag Hr. Hurtig) erörterte. – Mit temporeichen „Science Slam“ Beiträgen zu den Themen Exergie und Anergie sowie Entropie lockerte Martin Buchholz von der TU Braunschweig die Veranstaltung auf.

Eine Posterausstellung zu Themen aus sämtlichen Topics begleitete die Tagung. Dabei wurden folgende Beiträge für ihre Übersichtlichkeit und ihre Übereinstimmung mit dem Corporate Design des KIT mit Posterpreisen ausgezeichnet: „Flüssigmetalle für konzentrierende Solarenergie“ von Dr. Alexandru Onea, „Inkjet printing of catalyst layers into microchannels for direct DME synthesis“ von Seung Cheol Lee, und „Einfluss von Nutzerkomfort und -verhalten auf den Energieverbrauch an Büroarbeitsplätzen im Sommer“ von Marcel Schweiker.

 

Ein abendliches Sommerfest mit viel Raum für gemeinsame Gespräche und persönlichen Austausch bildete den krönenden Abschluss für die 1. Jahrestagung des KIT-Zentrums Energie. Für die Zukunft ist geplant, die Jahrestagungen im zweijährigen Rhythmus durchzuführen.